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Topflappen im Themenghetto


Daß „wir am Ende dieses Verbandstages emotional gestärkt und ein bißchen klüger sein werden“ wünscht sich Tagungsleiter Günter Dworek bei der Begrüßung der etwas mehr als hundert Teilnehmer der 17. Mitgliederversammlung des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) am 23./24. April im Bürger- und Jugendzentrum Köln-Deutz. Dem Wort „Rekordbeteiligung“ folgen noch einige emotional stärkende Einlagen; als viel klüger hat sich das LSVD-Fußvolk nach solchen Prunksitzungen indes selten erwiesen. Sähen dann doch der Verein fünfzehn Jahre nach seiner Gründung anders aus und die Mitglieder ihrem Vorstand etwas kritischer auf die Finger. Zum elften Male die interessierte, diesmal nicht mehrfach ausgeschlossene Medienöffentlichkeit spielte Eike Stedefeldt

Das Wesen von LSVD-Verbandstagen erweist sich am sichersten an jenen Themen, die er nicht behandelt – sei es, daß seine Führung sie gar nicht wahrnimmt, die Befassung damit für rufschädigend oder unwichtig hält oder einer Regierung ersparen muß, von deren Wohlwollen man finanziell abhängt. Lammfromm und brav richtet sich der gefallsüchtige Blick unbeirrt hinauf zur Macht.

So erfährt man erst in der abschließenden Pressekonferenz als einer von zwei (!) Journalisten von Vorständler Eduard Stapel und Pressesprecher Alexander Zinn, zum Sexualstrafrecht (abehbare Kriminalisierung sexueller Beziehungen von/mit Menschen unter 18 Jahren sowie homosexueller Prostitutionsverhältnisse) stehe der LSVD „hinter den Kulissen“ in Kontakt mit verantwortlichen Politikern; die EU-Ebene überlasse man Helmut Graupner aus Wien. Ach? Zu der am 1. April 2005 in Kraft getretenen gesetzlichen Bestrafung homosexueller Rentner/innen für Kinderlosigkeit in Form erhöhter Pflegeversicherungsbeiträge habe es eine Erklärung gegeben (gaz sicher ist sich Stapel da nicht; Zinn guckt nur doof). Über die Kürzung von AIDS-Projektmitteln wisse man, aber dafür gebe es Fachverbände. Ob Schwule etwa nicht mehr Hauptbetroffenengruppe und infolge Sozialreformen drastisch von Verarmung und gesundheitlicher Unterversorgung betroffen seien? Wie müßig, ob des Gestammels nach LSVD-Aktionen gegen die Rekriminalisierung schwuler Subkulturen, DNA-Tests, Rodung und Videoüberwachung von Cruising Areas, Bußgeldern und Zwangsouting für Klappengänger durch Ordnungsämter und Polizei zu fragen. Wenn aber solche teils existentiellen Probleme offenbar irrelevant sind und selbst die Anmerkung Christoph Schukes (Schwusos) im Plenum verpufft, auch dieser Verbandstag setze keine neuen Themen und man befinde sich im „Themenghetto“: Warum dann der ganze Aufwand, und was wollen all die Leute hier?

Zum Beispiel, sich der eigenen Bedeutung versichern und dessen, Teil eines guten Werks zu sein. Noch lieber als das dünne Geburtstagsständchen des Schwulenchors „Triviatas“, dessen Versionen von „I never promised you a rose garden“ und „Material Girl“ im Fummel, nicht aber im Anzug erträglich gewesen wären, empfängt man darum im Rathaus Lob und Freibier von Kölns Bürgermeisterin Antwerpes.

Backpfeifen für die LSVD-Politik

Selbstversicherung verheißen Fachvorträge. Die Grundsatzkritik an der LSVD-Politik darin überhört man wie bei Prof. Nina Dethloffs Referat.

Den vollständigen Text finden Sie nur in der Printausgabe.