Hauptsache
weit weg vom Rand
Als sinn-
und positionsloses Herumwurschteln und einen einzigen Brei
bezeichnete der Berliner Journalist Elmar Kraushaar vor knapp zwanzig Jahren
die kommerzielle Schwulenpresse, die Siegessäule inbegriffen.
Während Siegessäule, Magnus und tageszeitung
in Sachen Homo-Journalismus von Überflüssigem und Zufälligem,
von Eitlem und Dummen, von Unausgegorenem und Miserablem leb(t)en, verlieh
Kraushaar in seinen dort erschienenen Kolumnen dem Begriff schwule Publizistik
ein Gesicht. Der Verlag MännerschwarmSkript versammelte nun seine bissigsten
medien- und gesellschaftskritischen Texte zweier Jahrzehnte im Band Der
homosexuelle Mann
Für die Abdruckerlaubnis seines selbstverfaßten
Vorworts dankt die Redaktion Elmar Kraushaar
(...) Lieber mit einem Champagnergläschen in der Hand auf dem Weg
zum Standesamt kurz noch mal Station machen in der Parfümerieabteilung
des KaDeWe, als ganz ohne Kondom erwischt zu werden nachmittags beim Gruppensex
auf einer x-beliebigen Autobahnraststätte. Nein, Homosexuelle heutzutage
sind nett, freundlich, zuvorkommend. Sie können wunderbar plaudern und
feiern, haben viel Geschmack in Kleiderfragen für sich und andere, sind
diskrete und aufmerksame Nachbarn und Kollegen, und wenn es dann doch hin und
wieder mal eine kleine sexuelle Ferkelei sein soll, ziehen sie sich bei Nacht
zurück in dunkle Keller in ihrem Revier. Homosexuelle Männer sind
Meister im Rollenspiel, sie kennen ihre Aufgaben genau, egal auf welcher Bühne.
Wenn es denn eins gäbe, ein Homo-Gen, dann wäre darin sicher fest
verankert die Fähigkeit zur Mimikry. Wie viele Generationen vor ihnen mußten
sich schon darin erproben, zu manchen Zeiten und in manchen Gesellschaften in
einer Weise, die uns heute kaum mehr vorstellbar ist.
Niemand
steht mehr für diese neue Spezies des freundlichen Abseitigen als Volker
Beck. Der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen hat wahrlich
keine Gelegenheit ausgelassen, sich als aufrechter, neoliberaler Homosexueller
in der Öffentlichkeit zu präsentieren, immer ordentlich gekleidet,
vielleicht mal ein wenig ausgelassen am CSD, sein rhetorisches Talent so perfektioniert,
daß er noch jeden Kritiker an die Wand schwätzt und alle übrigen
davon überzeugt, daß Homosexuelle zu wirklich jeder Anpassung bereit
sind. War Rosa von Praunheim mit obszönen Sprüchen und rosa
Boa noch die skandalöse Narrennummer der 70er und 80er Jahre,
so repräsentiert Volker Beck die wohlgelittene angepaßte Variante
des neuzeitlichen homosexuellen Mannes.
Aber selbst
das ist er nicht wirklich, auch hier hat es nur zu einer Imagekorrektur gereicht,
Volker Beck ist nichts weiter als die sattsam bekannte Figur des homosexuellen
Opportunisten. Würde Klaus Mann noch leben, so könnte er in Volker
Beck die zeitgemäße Ausgabe seines einstigen Mephisto wiederentdecken
....
Das
ist nur ein kurzer Ausschnitt. Den Volltext finden Sie in der Printausgabe.